Neonazi-Grab: Erinnerungsstätte für Max Friedlaender geplant

Neonazi-Grab: Erinnerungsstätte für Max Friedlaender geplant

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Neonazi-Grab: Erinnerungsstätte für Max Friedlaender geplant

Nach der umstrittenen Beisetzung eines Neonazis im früheren Grab eines jüdischstämmigen Musikwissenschaftlers will die evangelische Kirche nun das Andenken an den Liedexperten wachhalten. An der konkreten Umsetzung eines Gedenkortes für Max Friedlaender (1852-1934) werde derzeit gearbeitet, sagte die Erinnerungsbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Marion Gardei, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag. Auch sein Leben solle erforscht werden.

In Friedlaenders früherem Grab auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf bei Berlin war am vergangenen Freitag die Urne eines Neonazis und Holocaustleugners bestattet worden. „Die Entscheidung war ein Fehler, das ist völlig klar“, sagte Bischof Christan Stäblein der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag). Nun müsse entweder die Urne umgebettet oder an anderer Stelle ein Erinnerungsplatz für Max Friedlaender eingerichtet werden.

„Ich denke, nach all dem sind wir ihm das nun doppelt schuldig, sein Andenken zu bewahren“, sagte Gardei dem epd: „Es wird in jedem Fall einen Gedenkort ähnlich dem Grab geben, der mit dem originalen Grabstein versehen sein wird, wo man Blumen, Kerzen oder nach jüdischem Gedenkritus Steine abstellen kann.“ Die Grabstelle war seit 1980 aufgegeben und stand deshalb für Neubelegungen zur Verfügung. Sie gehe davon aus, dass keine näheren Angehörigen mehr leben, sagte Gardei: „Die Witwe ist 1949 in Amerika gestorben.“

Friedlaenders Leben solle auch deshalb erforscht werden, „weil er im alten Friedhofsregister bei der Bestattungsanmeldung als evangelisch geführt ist“, sagte Gardei. Er sei zwar jüdischstämmig, aber offenbar evangelisch getauft gewesen. „Ein Verfolgter der Nazis war er jedoch in jedem Fall, weil er nach Nazidefinition aufgrund seiner Abstammung in jedem Fall Jude war“, betonte die Theologin.

Mit der Forschung sollten Experten beauftragt werden, die mit den Umständen der Zeit der frühen Naziherrschaft in Berlin vertraut seien und deshalb die Fakten seines Lebens auch einschätzen könnten, sagte Gardei. Dafür kämen das Institut Kirche und Judentum an der Humboldt-Universität Berlin oder das Moses-Mendelssohn-Institut in Potsdam infrage.

Geplant sei ein „zeitlich nicht begrenztes Gedenken“, sagte Gardei am Donnerstag im RBB-Inforadio. Zu Forderungen nach einer Umbettung der Urne des Rechtsextremisten Henry Hafenmayer sagte die Theologin, Möglichkeiten dafür würden weiter geprüft. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung“, sagte Gardei: „Was machbar ist, das werden wir tun.“

In dem Fall hätte mit größerer Sorgfalt geprüft werden müssen, wer auf der alten Grabstelle bestattet werden soll, sagte Gardei dem RBB. Die Friedhofsverwaltung sei seit jeher bemüht, rechtsextreme Vorkommnisse und Provokationen auf dem Südwestkirchhof zu vermeiden, betonte die Theologin. Der Wunsch des Bevollmächtigten des Neonazis nach einer zentral gelegenen Grabstätte sei abgelehnt und stattdessen eine abgelegene Grabstelle zur Verfügung gestellt worden. Es hätte jedoch erkannt werden müssen, dass sich die Beisetzung eines Holocaustleugners auch mit dieser Grabstätte nicht vertrage.

Der Musikwissenschaftler Max Friedlaender

Der Konzertsänger und Musikwissenschaftler Max Friedlaender wurde am 12. Oktober 1852 in Brieg in Schlesien geboren, das heute zu Polen gehört. Nach einem Gesangsstudium in London und Frankfurt am Main studierte er in Berlin Musikwissenschaft, habilitierte sich 1895 und wurde 1903 außerordentlicher Professor und Universitätsmusikdirektor. Nach kurzer Lehrtätigkeit in den USA gründete er 1917 das Berliner Deutsche Volksliedarchiv.

1923 übernahm er den Vorsitz der staatlichen Kommission für das deutsche Volkslied-Buch, 1924 wurde er mit der goldenen Medaille der deutschen Goethe-Gesellschaft ausgezeichnet. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er nach Angaben der musikwissenschaftlichen Standard-Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ (MGG) von den Nationalsozialisten aus seinen Ämtern verdrängt, obwohl er noch 1933 eine „Hymne an Deutschland“ veröffentlich hatte, die als vaterländische Komposition galt.

Friedlaenders Verdienste um das Volkslied werden auf seine „traditionell-patriotische Grundhaltung“ zurückgeführt. Er war laut MGG an der Veröffentlichung der „Kaiserliederbücher“ unter Kaiser Wilhelm II. beteiligt, gab 1914 ein „Kriegsliederbuch für das deutsche Heer“ heraus, hielt im Ersten Weltkrieg Vorträge für deutsche Soldaten an der Front und erarbeitete 1918 ein Liederbuch für deutsche Kriegsgefangene. Max Friedlaender starb am 2. Mai 1934 in Berlin und wurde auf dem evangelischen Südwestkirchhof in Stahnsdorf bestattet.

(epd)

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