"Das "C" kann niemand für sich beanspruchen"

"Das "C" kann niemand für sich beanspruchen"

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"Das "C" kann niemand für sich beanspruchen"

Andacht am 3. Dezember 2019 vor dem Konrad-Adenauer-Haus

Leitung: Pfarrer Alexander Brodt-Zabka

Sehr geehrte Damen und Herren von Greenpeace, sehr geehrte Damen und Herren der CDU, sehr geehrte Damen und Herren der Presse, liebe Geschwister,

wir feiern Gottesdienst im Advent. An ungewöhnlicher Stelle. Aus ungewöhnlichem Anlass. Sie von Greenpeace haben vor zwölf Tagen hier das „C“ der CDU entwendet. Heute geben Sie es zurück und sind an uns, die Kirche, herangetreten mit der Bitte, aus diesem Anlass einen Gottesdienst zu feiern. Ich bin Alexander Brodt-Zabka, evangelischer Pfarrer hier in Berlin und tue dies im Namen meiner Kirche sehr gerne. Sie haben uns geschrieben: „Uns ist ganz wichtig, deutlich zu machen, dass die Entwendung des „C“ kein Akt des Vandalismus oder des Klamauks gewesen ist, sondern ganz ernsthaft das Ziel verfolgt, nach christlichen Grundwerten zu fragen.“ Wir nehmen Ihre Anfrage nach den christlichen Werten ernst.

Es ist viel hin- und hergetwittert worden in den vergangenen Tagen. Wogen sind hochgeschlagen, Gemüter haben sich erhitzt, Nervosität auf beiden Seiten ausgebreitet. Lasst uns jetzt und hier zur Ruhe kommen. Innehalten. Einmal Durchatmen. Auf das besinnen, was wirklich Not tut und wichtig ist. Uns unter die Überschrift einer höheren Macht stellen, die uns – so ist es der tiefe Glaube von uns Christinnen und Christen und von vielen anderen religiösen Menschen – unsichtbar miteinander verbindet. 

Liebe Menschen von Greenpeace, um Aussagen zu christlichen Grundwerten haben Sie mich also gebeten. Christliche Grundwerte und Wahrheiten sind aber nicht immer bequem. Das „C“ kann niemand allein für sich beanspruchen und haben wollen. Niemand. Es ist nicht für irgendeinen Zweck zu „gebrauchen“. Auch wir von der Kirche „haben“ es nicht, sondern sind doch immer auf dem Weg. Wer meint, es zu haben, ist weit davon entfernt. Sehr weit. Denn christliche Grundwerte lassen sich nicht vereinnahmen. Manchmal verschlagen sie einem regelrecht die Sprache. Sie stellen infrage, auch uns selbst. Sie halten uns, sie halten mir einen Spiegel vor. Als Schriftlesung lese ich einen Abschnitt aus der Bergpredigt, aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 7, 1-6.

Liebe Schwestern und Brüder,

zwei Gedanken, zwei christliche Grundwerte, möchte ich Ihnen und uns allen mit auf den Weg geben. 

1. Gedanke

Uns Christinnen und Christen verbindet mit unseren jüdischen Glaubensgeschwistern der Prophet Jona. Jona, der kleine Prophet, erhält von Gott den Auftrag, in die Stadt Ninive zu gehen und sie zur Umkehr zu bewegen, „ihre Bosheit ist vor mich gekommen“, so heißt es im biblischen Text. Aber Jona will nicht, er läuft vor diesem Auftrag davon und flieht. Jona macht die Erfahrung, dass er damit gar nicht weit kommt. Eingeholt wird von Gott, von seiner Aufgabe, von der Wirklichkeit. Er wird vom Meer verschluckt. Drei Tage verharrt er im Bauch des Fisches. Hier geht er in sich, kommt zur Besinnung. Als er schließlich an Land gespuckt wird, ist er geläutert und geht nach Ninive, um Gottes Wort zu predigen und die Bewohner der Stadt zur Umkehr zu bewegen.

Liebe Menschen, das kennen wir alle: Die Augen verschließen, so weiter machen, dem Unangenehmen aus dem Weg gehen. Weil die Sachzwänge eben sind, wie sie sind.

Umkehr, das ist jüdische und christliche Grundüberzeugung, tut Not, immer wieder. Niemand kann davor davon laufen. Wir werden eingeholt von dem, was zu tun ist, von unseren Aufgaben – früher oder später. Propheten gab und gibt es zu allen Zeiten, auch, wenn sie sich nicht immer als solche verstehen oder zu erkennen geben. Menschen, die nicht die Augen verschließen, die die Finger in die Wunde legen, die auffordern zum Handeln und zur Umkehr. Die wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Propheten sind immer unbequem. So ein Mensch war vor etlichen Jahrtausenden der kleine Prophet Jona. Und siehe da, so geht die Jona-Geschichte weiter: Die Bewohnerinnen und Bewohner haben ihn gehört. Sie haben Buße getan, wie es in diesem schönen alten Wort heißt und sind umgekehrt. Haben von dem, was die Bibel „Bosheit“ nennt, abgelassen. 

Wir alle hören die Prophetinnen und Propheten unserer Tage, aus der Fridays for future-Bewegung, aus der Wissenschaft, aus vielen weiteren Bewegungen unserer Tage. Sind wir – wir alle: die Gesellschaft, jeder und jede Einzelne, die Politik, die Wirtschaft – uns anfragen zu lassen und bereit zur Umkehr?

2. Gedanke

Reichtum um des Reichtums willen macht nach christlichem Verständnis: arm. Ein immer Mehr – immer Weiter, immer Höher, führt in die Sackgasse und verfehlt das Leben. Wo etwas grenzenlos wachsen soll, gerät alles aus den Fugen und endet im Tod. Meines Wissens gibt es nur eine Sache, die in der Natur unbegrenzt wächst: Die Krebszelle. Papst Franziskus hat diese christliche Grundüberzeugung in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ auf den markanten Satz gebracht: „Diese Wirtschaft tötet!“  Ich lese das Gleichnis vom reichen Kornbauern aus dem Lukasevangelium, Kapitel 12, 16-21.

Lassen Sie uns einen Augenblick gemeinsam schweigen.

Im Anschluss bringen wir unsere Bitten vor Gott und beten gemeinsam das Vaterunser. 

Der Gottesdienst wird mit einem Segen beschlossen. 



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